Die Geschichte von Fuerteventura

Woher die ersten Inselbewohner in der Geschichte von Fuerteventura kamen, darüber streiten sich bis heute die Wissenschaftler. Seit der Antike umspannen Mythen die Inseln der Glückseligen, die später von Piraten und Eroberern ins Visier genommen wurden.

Allen gemeinsam ist die Faszination einer Gesellschaft glücklichen Zusammenlebens ‚irgendwo im Westmeer‘ mit wenig Arbeit bei ewig frühlingshaftem Klima.

Phönizier als erste Entdecker

Als gesichert gilt, dass um 1100 bis 800 v.Chr. die Phönizier vom heutigen Cadiz aus kommend als kühne Seefahrer den Atlantik bereisten und vermutlich alle Kanarischen Inseln entdeckten.

Ihnen verdanken die sieben Eilande auch den Namen Purpurinseln. Denn hier fanden die Phönizier die begehrte Färberpflanze, die Orchilla-Flechte, und nahmen sie mit in ihre Heimat. Die daraus gewonnenen Purpurstoffe wurden zu ihrer wichtigsten und begehrtesten Handelsware.

Urbevölkerung, die Majos

Etwa 500 bis 200 v.Chr. seien die ersten Siedler auf Fuerteventura gelandet. Fundstücke belegen dies. Unklar ist bis heute, ob es nordafrikanische Berberstämme waren oder ob sie als Angehörige der Megalithkultur kamen.

Ebenso wenig geklärt ist, ob es sich um eine gezielte Auswanderung handelte oder um eine Deportation, die durch die herrschenden Römer durchgeführt wurde.

Zwei Stämme auf Fuerteventura

Die ersten Bewohner unterteilten die Insel in zwei Stammesgebiete:

Der Stamm der Region um Jandia grenzte sich gegen den Stamm der Maxorata ab. Die Ureinwohner nannten sich Majos. Die Spanier formten die Version Majoreros, die sich bis heute als Bezeichnung der Bevölkerung Fuerteventuras erhalten hat.

Mantel des Vergessens

Die geographische Lage Fuerteventuras wie aller Kanarischen Inseln war früh bekannt. Bereits im Jahre 85-160 n. Chr. wurde sie durch den Mathematiker und Geographen Ptolemäus exakt bestimmt.

Und doch legte sich ein Mantel des (europäischen) Vergessens über die Inseln des ewigen Frühlings.

Fuerteventura im Visier der Eroberer

Jahrhunderte lang erinnerte man sich in Europa nicht an die Inseln der Glückseligen, bis Ende des 12. Jahrhunderts Seefahrer und Händler aufbrachen, neue Märkte zu erschließen.

Verbesserte Schifffahrtstechnik ermöglichte es ihnen von nun an, die Inseln zu überfallen, die Bevölkerung zu versklaven und Rohstoffe zu fassen.

Jean de Bethencourt

Der normannische Adlige Jean de Bethencourt landete 1402 auf der Nachbarinsel Lanzarote und unterwarf die Bevölkerung. Zwei Jahre später errichtete er auch auf Fuerteventura zwei Festungen, um dann 1405 die gesamte Insel einzunehmen.

Die Vorsteher der beiden Stämme Fuerteventuras kapitulierten und ließen sich taufen. Die Hauptstadt Betancuria wurde gegründet. Bethencourt handelte vom kastilischen König unterstützt unter dem Deckmantel christlicher Mission – doch sein Interesse war eher wirtschaftlicher Art.

Aufgabe der alten Kultur

Das 15. Jahrhundert war gekennzeichnet durch Herrscherwechsel. Die Konquistadoren teilen die Inseln unter sich auf. Um Aufstände zu ersticken, wurden rebellische Ureinwohner als Sklaven verkauft oder nach Lanzarote umgesiedelt.

Bald übernahmen die übrigen Majoreros weitgehend die Kultur der Eroberer, auch die eigene Sprache verschwand. Bereits 1514 wurden sie den Spaniern rechtlich gleichgestellt.

Kornkammer der Kanarischen Inseln

Auf den üppig grünen Nachbarinseln Fuerteventuras wurde auf Geheiß der Eroberer intensiv Zuckerrohr angepflanzt.

Fuerteventura selbst sollte die Versorgung der kanarischen Bevölkerung sichern: Neben Getreide und Hülsenfrüchten exportierte man von hier auch Fleisch auf die Inseln.

Sklavenhandel, Hunger und Auswanderung

Strategisch günstig lag Fuerteventura auch für den Sklavenhandel. Juan de Las Casas erwarb Lehnrechte und startete Beutezüge nach Afrika. In der Folge war die Bevölkerung Fuerteventuras im 17. Jh. häufiger das Ziel nordafrikanischer Piraten, die sich ebenfalls auf Menschenjagd begeben hatten.

Hunger verschärfte die Situation. Denn die kleinen Bauern hatten den Feudalherren 20% der Erträge zu überlassen. Die Aussicht auf gute Ernte war somit von vorn herein gering.

Zudem wurden die Böden durch intensive Weidewirtschaft verbunden mit skrupelloser Abholzung der Bewaldung immer weniger fruchtbar. Nach Naturkatastrophen wie Dürrejahren oder Heuschreckenplagen verdarben die Erträge des Anbaus vollends.

Etliche Majoreros wanderten aufgrund der Versorgungslage nach Südamerika aus.

Der Coronel in La Oliva

Anfang des 18. Jh. übernahm eine Militärregierung die Führung, faktisch auch in zivilen Bereichen. Der Oberst (Coronel), der in La Olivaa residierte, verstand es, seinen Besitz und den der Familie zu vermehren.

Liberales Großbürgertum widersetzte sich Anfang des 19. Jh. in einem bewaffneten Aufbegehren gegen die Feudalherren Fuerteventuras.

In der Folge wurde in Antigua ein Parlament gewählt. 1834 wurde der Ort vorübergehend zur Hauptstadt ernannt. Zwei Jahre später, 1836, wurde die Feudalherrschaft endgültig abgeschafft.

Freihandelszone

Wirtschaftliche Entspannung für einige Jahre brachte die Schifffahrt. Der Verkehr zwischen Amerika und alten Welt boomte. Fuerteventura bot sich als Rastplatz vor der großen Überfahrt an.

Auch als die Kanarischen Inseln 1852 zur Freihandelszone erklärt wurden, war wirtschaftlicher Aufschwung zu verzeichnen. Der natürlichen Farbstoff Cochenille sowie Kalk und Soda konnten gewinnträchtig verkauft werden.

Zusammenbruch und erneute Auswanderung

Doch schon kurze Zeit darauf brach mit der Erfindung synthetischer Farbstoffe die viel aufwendigere Cochenille-Produktion zusammen. Vor diesem Hintergrund wirtschaftlicher Not kam es Ende des 19. Jahrhundert zur zweiten Auswanderungswelle. In Kuba und Venezuela suchten viele ihr Glück.

Politischer Umbau

1860 wird der Ort Puerto de Cabras (1956 in Puerto del Rosario umbenannt) Inselhauptstadt und das Militärregime abgeschafft. 1912 bekommen die Kanarischen Inseln die Cabildos Insulares, Inselräte mit Befugnissen der örtlichen Selbstverwaltung.

Fuerteventura unter Franco

Trotz des erfolgreichen Tomatenanbaus war auch das 20. Jahrhundert zu Beginn durch Armut gekennzeichnet. Der Erste Weltkrieg und später die Diktatur von General Franco mit dem Zweiten Weltkrieg ließen die kanarische Wirtschaft zusammen brechen.

Als strukturschwaches Gebiet erhielt Fuerteventura finanzielle Unterstützung aus Madrid. Wirtschaftliche Impulse konnte jedoch weder der Talsperrenbau, noch die Anpflanzung der Sisalagave setzen.

Erst mit dem Einsetzen des Tourismus Ende der 60er Jahren verbesserten sich die Lebensbedingungen der Lanzarotenos. Um 1970 konnte die Auswanderung durch diese neue Einkommensquelle gestoppt werden.

Und heute?

Als 1975 Franco starb, setzte sich König Juan Carlos für die Einführung der Demokratie ein. Die Canarios hatten so erstmals die Chance, ihre eigene regionale Regierung zu wählen.

Im Jahr 1982 erhielten die Kanaren den Autonomiestatus, unterteilt in die Provinzen Gran Canaria und Teneriffa.

Bei Spaniens Eintritt in die Europäische Gemeinschaft, räumte man den Kanaren einen Sonderstatus (Absatzgarantie bei Bananen) ein, der Mitte der 90er Jahre wieder aufgehoben wurde und somit Geschichte ist.

Seither hat die kanarische (Land-)Wirtschaft empfindliche Einbußen hinnehmen müssen. Der starke Tourismus und in der Folge der Boom des Bauwesens kann auf Fuerteventura diese Verluste jedoch auffangen.